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15. Februar 2017

7 Tage Inklusion auf Äthiopisch

Mit viel freudiger Aufregung und noch mehr Geschenken im Gepäck flog Ende Januar 2017 eine 11-köpfige Delegation aus Vertreterinnen der Leipziger Stadtverwaltung sowie Leipziger Inklusions-Experten in die äthiopische Hauptstadt Addis Abeba. Die Freunde der DZB waren als Projektpartner mit dabei.

Mit viel freudiger Aufregung und noch mehr Geschenken im Gepäck flog Ende Januar 2017 eine 11-köpfige Delegation aus Vertreterinnen der Leipziger Stadtverwaltung sowie Leipziger Inklusions-Experten in die äthiopische Hauptstadt Addis Abeba. Die Freunde der DZB waren als Projektpartner mit dabei. Ziel der Reise war die Weiterführung des gemeinsamen Projektes der Partnerstädte Leipzig und Addis Abeba hin zu einer inklusiven Kommune.

Nach einem ersten Treffen im Oktober 2016 in Leipzig besuchten wir nun unsere Kollegen auf immerhin 2.500 m, denn so weit oben liegt Addis Abeba. Die Akklimatisierung dauert nicht lange und wurde uns mit reichlich Sonnenschein und leckeren Hochlandskaffee einfach gemacht. Am ersten Abend sind wir dann sogleich in unser Thema eingestiegen – kulinarisch. Die NGO Together, einer unserer Projektpartner, veranstaltete mit uns ein dinner in the dark, was für die Sehenden ein Erlebnis sowie eine große Herausforderung war und einen kleinen Eindruck vom Leben eines blinden Menschen vermittelte. Interessant war es dabei, wie schnell in absoluter Dunkelheit mit den anderen Sinnen die Umgebung und das Essen wahrgenommen wurde.

Am nächsten Morgen war der offizielle Auftakt im Rathaus, wo wir vom Büroleiter des Bürgermeisters herzlich begrüßt wurden. Anschließend folgten mehrere Vorträge von Vertretern der Stadt sowie von einem Behindertenverband. Immer ging es dabei um den Stand der Inklusion in Addis Abeba und welche Maßnahmen bisher (noch nicht) ergriffen wurden. Hier zeigte sich schnell, dass die finanziellen Ressourcen unserer äthiopischen Kollegen nicht annähernd den unsrigen entsprechen. Allerdings ist es umso beeindruckender, wie viel Inklusion auf verschiedenen Ebenen (auch wegen finanzieller Mängel) bereits stattfindet. So berichtete ein Vertreter vom Ministerium für Bildung von einer Vielzahl von Schulen, die seit vielen Jahren inklusiv arbeiten, einfach weil es keine bzw. zu wenige Spezialschulen gibt. Für die Integration von Kindern mit Beeinträchtigungen in die „normalen“ Schulen wurden auch mehrere Förderzentren eingerichtet, die diese inklusiven Schulen mit Wissen und Lehrmaterial ausstatten.

Die folgenden Tage standen dann ganz im Zeichen des praktischen Austauschs. Wir besuchten Einrichtungen, die auf vielfältiger Art und Weise mal mehr, mal weniger inklusiv arbeiten. So zum Beispiel hilft das Unternehmen Signum Vitae Menschen mit Sehbeeinträchtigungen mit preiswerter medizinischer Versorgung sowie mit Brillen zu günstigen Preisen. Mehr als 60% der Mitarbeitenden haben eine Behinderung. Eine Behindertenwerkstatt, wie wir sie in Deutschland kennen und haben, ist Signum Vitae deswegen noch lange nicht. Auch weil das Unternehmen auf dem freien Markt tätig ist und keine öffentlichen Förderung erhält. In der German Church School werden von Anfang an blinde und sehbehinderte Kinder in den Schulalltag integriert. Anfänglich lernen sie in Extrastunden am Nachmittag Braille lesen und schreiben, werden aber nach weniger als einem Jahr in die „normalen“ Klassen integriert. Oder die Addis Abeba Universität, die neben einer Braille-Bücherei auch extra ausgestattete Computerräume hat, die speziell für blinde und sehbehinderte Studierende geeignet sind.

Bei all den (zwangsläufig) inklusive Einrichtungen und der scheinbaren Normalität im Umgang mit Menschen mit Behinderungen in allen gesellschaftlichen Bereichen, darf nicht vergessen werden, dass Addis Abeba keine reiche Stadt ist und viele Menschen mit Behinderungen in sehr armen Verhältnissen leben, keine Arbeit finden und das soziale Netz nicht annähernd so engmaschig ist wie in Deutschland.

Nach einer intensiven Woche bleibt für uns Freunde der DZB festzuhalten: Unsere Kollegen und Freunde aus Addis Abeba leisten mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln Erstaunliches und wir können und wollen davon lernen. Ein weiteres Treffen im November hat genau dies zum Ziel: Ideen austauschen und konkret an gemeinsamen Projekten zur Entwicklung einer inklusiven Kommune arbeiten. Vielleicht kommen wir einer inklusiven Gesellschaft deutlich schneller näher, wenn die Länder des Nordens und des Südens ihre Fähigkeiten bündeln und vereinen, statt alleine und/oder gegeneinander zu arbeiten.

Fotos: Stephanie von Aretin und Andreas Howiller

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