Buchpatenschaften

Addis Abeba – Leipzig, eine Partnerschaft im Namen der Inklusion

zwei Mädchen lesen Brailleschrift

Projektstart

Leipzig und Addis Abeba pflegen schon seit den 1970er Jahren eine intensive Städtepartnerschaft und können auf zahlreiche kulturelle, wirtschaftliche und soziale Kooperationsprojekte zurückblicken. Auf ein Projektangebot des Bundesministeriums für Entwicklung und wirtschaftliche Zusammenarbeit, welches nachhaltige Kommunalentwicklung durch Partnerschaftsprojekte fördert, bewarb sich die Stadt Leipzig im Jahr 2016. Das Projekt ging der Frage nach, wie Menschen mit Behinderungen uneingeschränkt am Leben in der Kommune teilhaben können und welche Maßnahmen in den Bereichen Bildung und Kultur helfen können. Delegationen aus Äthiopien kamen nach Leipzig und Leipziger Delegationen reisten nach Äthiopien. Aus diesem intensiven und ergebnisorientierten Austausch ergaben sich vier Pilotprojekte. Wir, als Förderverein für barrierefreies Lesen e. V., durften dabei in einem Pilotprojekt federführend dabei sein.

Die Situation blinder Kinder in Äthiopien

Als Ludwig Henne am 17.02.2020 nach Addis Abeba aufbricht, hat er sechzig taktile Kinderbücher mit dem Titel „Meine Stadt Addis Abeba und Leipzig“ im Gepäck. Zwei riesige und äußerst schwere Koffer und trotzdem nicht genug.
In Äthiopien ist die Situation von Menschen, die von Blindheit und Sehbehinderung betroffen sind prekär. Es mangelt an Hygiene, Aufklärung und vor allem an ausreichender medizinischer Versorgung. Fast die Hälfe aller Kinder in Äthiopien sind mit einer Augenkrankheit namens „Trachom“ infiziert, so ein Bericht des Spiegels aus dem Jahr 2018. Ursache dieser sich schnell ausbreitenden Tropenkrankheit sind winzig kleine Bakterien, Chlamydien, die in Europa einer Geschlechtskrankheit zugeordnet werden und hierzulande keine Gefahr mehr darstellen. Diese Bakterien befallen aufgrund mangelhafter hygienischer Bedingungen die Augen. Besonders Kinder sind von dieser hoch infektiösen Erkrankung schwer betroffen. Der Spiegelbericht spricht von der Hälfte aller Kinder in Äthiopien.

Taktile Kinderbücher, ein Tropfen in der Wüste

Man könnte meinen, dass aufgrund dieser prekären Situation die 60 Kinderbücher verdampfen, wie ein Tropfen Wasser in der Wüste. Doch Dialog und Zusammenarbeit können Impulsgeber für zukunftsweisende Projekte sein!
So traf Ludwig zum Beispiel verschiedene Menschen, die im Blindenwesen tätig sind und Bildungsarbeit in inklusiven Schulen leisten. Die symbolische Übergabe der Bücher konnte genutzt werden, um einen Austausch im Sinne partnerschaftlicher Inklusionsarbeit voranzubringen und Erfahrungen und weiterführende Vernetzungsarbeit zu leisten.

Am Donnerstag, den 20. Februar besuchte die Delegation um Ludwig Henne die Sabata School for the Blind, 20 km entfernt von Addis Abeba. Die Schule ist eine inklusive Schule, in der sehende, blinde und sehbehinderte Schüler unterrichtet werden. Die meisten Schulen in Äthiopien haben ganz selbstverständlich einen inklusiven Ansatz, aufgrund der hohen Zahl Kinder mit Behinderungen in der Bevölkerung. Auf dem Rundgang durch die Schule besichtigten die Vertreter u. a. die Braille-Bücherei.

Ein anderes Treffen führt die Delegation aus Leipzig mit dem Direktor der ENAB, Ethiopian National Association of the Blind, Wesen Alemu zusammen. Wesen führt die Leipziger über einen lebendigen Campus mit hunderten blinden Menschen, die miteinander musizierten, Spiele spielen, gemeinsam lernen und in der Braille-Druckerei arbeiten. Fasziniert von der lebendigen und quirligen Athmosphäre, einem Miteinander im Kontext von Lehre, Arbeit und gegenseitiger Hilfe, folgte Ludwig stauned Wesen Alemu über den Campus.

Die Zukunft als Chance

Der Lern- und Austauschprozess beider Städte, Leipzig und Addis Abeba zum Thema Inklusion ist entfacht. Und wichtig zu bemerken ist auch, dass wir in „dieser einen Welt“ viel voneinander lernen können. Die Erfahrungen, die Lehrende in Äthiopien im inklusiven Unterricht mitbringen sind maßgeblich positiv und bereichern unsere Denke. Wir können davon profitieren und lernen. Es bleibt der Wunsch nach mehr. Der Wunsch nach Empowerment und vorurteilsfreier Bildung weltweit. Pionierdrang, Tatendrang und Mut bestimmten diese Reise im Namen der Inklusion. Wir fordern: Lesen für alle, mit Büchern für alle!

Lieber Punkten als Tod durch den Galgen

Holzgalgen mit Strick über Brailleschrift-Punkten

Liebe Freunde, zur Zeit finden im dzb lesen aufgrund der Corona-Krise keine Braillekurse und auch keine Führungen statt. Wir bitten Sie um Verständnis und werden Sie informieren, wenn wir unsere Türenb wieder für Besucher öffnen.

Braille-Kurse für „Alle“

Im Zentrum für barrierefreies Lesen werden von ehrenamtlichen MitarbeiterInnen unseres Fördervereins hier in Leipzig Blindenschriftkurse angeboten. Jeder kann mitmachen und alle sind willkommen, egal ob sehend, blind oder sehbehindert. Und: die Kurse sind kostenfrei. Bianka Weigert, arbeitet im Landeshilfsmittelzentrum in Dresden und ist eine unserer Brailleschrift-Lehrerinnen und immer mittwochs hier im dzb lesen. In Kleingruppen von maximal 5 Personen wird Buchstabe für Buchstabe das Braille-Alphabet geübt, mit Übungen, Wiederholungen und Lernspielen.

Die Gründe, einen solchen Kurs zu belegen sind sehr unterschiedlich. Die größte Motivation ist selbstverständlich der Zugang zum geschriebenen Wort für Blinde. Andere brauchen die Brailleschrift für ihre Arbeit, andere wiederum haben Braille-LeserInnen im Bekannten- und Verwandtenkreis. Im letzten Jahr sind insgesamt 10 Vollschrift- und 1 Kurzschriftkurs im dzb lesen absolviert worden. Diese Kurse wurden in 183 Einheiten mit 12 Sehenden und 5 Betroffenen durchgeführt.
Wir danken den engagierten ehrenamtlichen Lehrerinnen Bianca Weigert und Sabine Seifert vielmals für ihr Engagement.

Sie möchten sich für einen Kurs anmelden? Dann zögern Sie nicht! Die Kurse werden ganz nach Ihren individuellen Wünschen auch schon mit wenigen TeilnehmerInnen zusammengestellt. Die Kurszeiten können Sie nach Absprache mit der jeweiligen Lehrerin selbst festlegen.

Jetzt Anmelden!

Oskar und „Erika“ Picht

Die so genannte Picht-Maschine dient als Schreibgerät in unseren Braille-Kursen. Es ist eine Punktschrift-Bogenmaschine, die einer herkömmlichen Schreibmaschine ähnelt, aber nur sechs Tasten hat. Diese werden mit Zeige-, Mittel- und Ringfinger beider Hände angeschlagen. Durch gleichzeitiges Anschlagen verschiedener Tasten und unter Zuhilfenahme des Handballens kann die Picht-Maschine sehr schnell bedient werden. Die Erfindung dieser Schreibmaschine geht zurück auf Oskar Picht, der 1901 das erste Modell entwickelte. „Erika“ Picht hingegen ist keineswegs die Ehefrau von Oskar. Der Name „Erika“ Picht ist der Markenname des damals in Dresden ansässigen Schreibmaschinenherstellers VEB Schreibmaschinenwerke Dresden (SWD).

Jetzt Punkten und gewinnen!

Bleibt also für den nächsten Brailleschrift-Kurs zu erraten, welches das bessere Wort für das Braille-Galgenraten ist. Müllverbrennungsanlage ist vielleicht nicht das Beste. Im Text finden Sie ein  Wort mit zwölf Buchstaben, dann ein Bindestrich, dann folgen dreizehn Buchstaben? Finden Sie es heraus!
Wir verlosen unter den ersten drei Einsendungen einen Fanartikel ihrer Wahl.
Das Lösungswort senden Sie bitte bis 01.03.2020 an: info@barrierefreies-lesen.de oder rufen uns an unter: 0341 7113 185.

Führungen durch das Deutsche Zentrum für barrierefreies Lesen

Seit letzter Woche liegt der Tätigkeitsbericht des Fördervereins für das Jahr 2018 vor. Wir können mit Stolz sagen, dass wir im vergangenen Jahr 26 Erwachsenengruppen mit einer Personenzahl von insgesamt 312 Personen durch das dzb lesen geführt haben. Unsere Führungen zeigen allen Interessierten, wie die Spezialbibliothek funktioniert und die Herstellung von Braille- und Hörbüchern, Reliefs sowie Zeitschriften organisiert ist. Die TeilnehmerInnen, zumeist PädagogInnen, aber auch Interessierte der Medienherstellung und auch MitarbeiterInnen aus Ämtern und Behörden finden den Weg zu uns. Sie zeigen sich oft erfreut und zugleich verwundert, wie vielseitig die Medienprodukte für blinde, seh- und lesebehinderte Menschen sind.

Aber auch zahlreiche Schulgruppen besuchten im vergangenen Schuljahr das dzb lesen. Insgesamt sind 923 Kinder im Jahr 2018 durch die Räume des dzb lesen geführt worden. Wichtig ist dabei für die Kinder die direkte Begegnung mit Menschen mit Sehbehinderung. Unseren beiden blinden Ehrenamtlichen, Frau und Herrn Schönefeld, möchten wir an dieser Stelle ganz herzlich danken. Sie gestalten schon seit vielen Jahren die Führungen der Schulklassen.

Möchten auch Sie uns besuchen, freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme.
Telefon: 0341 71130 oder  info@dzblesen.de

Auf zu neuen Ufern

Portal mit neuem Firmenschild

Zu den Fakten

Die hochgeachtete und traditionsreiche Institution feierte am Dienstag ihren 125. Geburtstag und ändert ihren Namen: Sie heißt seit dem 12.11.2019: Deutsches Zentrum für barrierefreies Lesen – kurz dzb lesen.

Was spricht für dzb lesen?

Die Gründe dafür sind vielseitig. Zum einen haben sich die gesetzlichen Grundlagen, speziell das Urheberrechtsgesetz zugunsten des Hauses geändert. Es dürfen jetzt noch mehr Menschen die barrierefreie Medienvielfalt nutzen. Waren es vorher blinde und sehbehinderte Menschen, so sind es jetzt auch Menschen, die zum Beispiel Legasthenie haben oder aufgrund körperlicher Einschränkungen Gedrucktes nur schwer lesen können bzw. Bücher nicht handhaben können.

Zum anderen heißt es auch dem demografischen Wandel entgegenzusteuern. Schätzungsweise zwei Drittel der in Deutschland lebenden Blinden sind über 65 Jahre. Über 42 Prozent der Blindengeldempfänger sind über 80 Jahre. Dafür ist die Zahl der sehbehinderten Menschen, laut einer Studie der WHO in den Ländern Dänemark, Finnland, Großbritannien, Irland, Island, Italien und den Niederlanden drastisch gestiegen. Die Spezialbibliotheken in den nordeuropäischen Ländern sprechen schon seit geraumer Zeit „Menschen mit Leseeinschränkungen“ an. Die Zahl der Menschen mit Legasthenie wird in Deutschland auf ungefähr 700.000 geschätzt, jedoch ist die Dunkelziffer hoch, da es erst seit wenigen Jahren fundierte wissenschaftlich-belegte Diagnostik gibt.

Das über 80-köpfige Team von Professor Dr. Thomas Kahlisch, Direktor des Deutschen Zentrums für barrierefreies Lesen, macht sich auf den Weg, neue Leseangebote zu schaffen. In den kommenden Jahren werden dann noch mehr Bücher in Großdruck produziert und barrierefreie E-Books angeboten. Mit diesem ersten Schritt zeigt sich das neue Zentrum zukunftsfähig und auch dem digitalen Wandel gewachsen.

Und was sagen die „Freunde“ dazu?

Bravo und herzlichen Glückwunsch! Wir freuen uns. Und – jetzt ist auch unser Name nicht mehr ganz passend. Wir freuen uns, Ihnen in naher Zukunft bald wieder berichten zu können.
Wichtig jedoch ist: unsere Mission bleibt! Wir sind und bleiben Unterstützer und Förderer des Deutschen Zentrums für barrierefreien Lesens, des dzb lesen.

Workshop und Konzert mit dem Ensemble „Jazz aus Brno“

band auf der Bühne

Matthias Leopold, Experte für Braille-Noten und tätig im Notenübertragungsdienst der DZB ist herzlich willkommen, beim Workshop in der PopAkademie, an diesem sonnigen Samstag. Simi Barazi, Sängerin und Organisatorin des Jazz-Projektes aus der Leipziger Partnerstadt Brno (deutsch: Brünn), steht auf der Bühne, neben ihr Ladislav Muroň (Flöte), Tomáš Vrtek (Piano), Antonin Vondruska (Kontrabasss) und Roman Kobiela (Schlagzeug), Musiker mit Leib und Seele, alle. Besonders ist, Ladislav hat noch eine Sehkraft von ca. 2 Prozent und Tomaš  ist von Geburt an blind.

Warum ein Workshop?

Es geht vor allem um Austausch. Welche Erfahrungen sammeln blinde und sehbehinderte Musiker in Tschechien, welche Schulen und Ausbildungsmöglichkeiten gibt es dort und wie kommen die Musiker in Tschechien an ihre Noten? Welche Möglichkeiten bietet die DZB mit dem Servicezentrum für Braille Musiknoten DaCapo?

Tomaš hat an der JAMU-Musikfakultät in Brno studiert. Gut ausgebildet und der Braille-Notenkunde mächtig, bedauert er, dass Jazz-Noten nur schwer zu bekommen sind. Deshalb musste er viele der Stücke auswendig lernen. Der kostenfreie Notenübertragungsdienst „MakeBraille“ lässt die Musiker aufhören. Ein Service, den es in Tschechien nicht gibt. DaCapo bietet eine Schnellübertragung an. Liegen die Musik-Noten in Schwarzdruck digital vor, können Braille-Noten direkt per Knopfdruck erzeugt werden. Schnell, einfach und direkt.

Ein wirklich spannender Austausch und wundervoll leidenschaftlicher Jazz!

Matthias Leopold wird sich freuen. Zwei weitere Musiker, die diesen Service nutzen. Außerdem danken wir Katja Roloff, die die Förderung der Veranstaltung durch den Deutsch-Tschechischen Zukunftsfond ermöglichte. Inklusive Musikveranstaltung, wie diese und die Förderung von Musikern, die gedruckte Noten nicht lesen können, ist Herzenssache von Matthias Leopold und seinem DaCapo-Notenservice. Vielleicht war diese Veranstaltung der Startschuss für eine engere Kooperation zwischen der Musikschule „Johann-Sebastian-Bach“ und der DZB?