Trotzdem konnten wir helfen, Projekte im dzb lesen zu realisieren und zusammen mit dem ganzen Haus beweisen, dass wir unter allen Umständen für blinde, seh- und lesebehinderte Menschen da sind. Insofern war 2020 auch ein erfolgreiches Jahr. Wir blicken bestätigt und zuversichtlich auf die neuen Aufgaben im Jahr 2021!
„Die Welt ist undankbar, sagen viele. Ich habe noch nicht gefunden, dass sie undankbar sei, wenn man auf die rechte Art etwas für sie zu tun weiß” Johann Wolfgang von Gotehe (1749 – 1832)
Was wir 2020 geschafft haben
Namen stehen für Haltung
Das traditionsreiche Haus DZB heißt seit Ende 2019 Deutsches Zentrum für barrierefreies Lesen (dzb lesen). Die Bezeichnung steht inhaltlich für erweiterte Möglichkeiten – und Herausforderungen. Folgerichtig hat auch der Förderverein des Zentrums seinen Namen geändert. Zur Mitgliederversammlung im Herbst 2020 wurde der neue Name „Freunde des barrierefreien Lesens e.V.” beschlossen und dann amtlich bestätigt.
Unterstützte Veranstaltungen
Im Jahr 2020 fanden leider keine großen Publikumsveranstaltungen statt, die der Förderverein unterstützen konnte. Führungen für Kinder und Erwachsene fanden pandemiebedingt nur bis Mitte März statt. Durch uns angebotene Brailleschriftkurse konnten bis zum ersten Lockdown durchgeführt und Kurse nach dem Sommer mussten beendet werden.
Konferenzraum mit leeren Stühlen
Buch- und Notenpatenschaften
Mit neuem Schwung wurde das Unterstützerprojekt „Buch- und Notenpatenschaften“ angegangen und wir konnten uns über 23 Patenschaften in den verschiedenen Kategorien freuen: Vorwiegend waren es Bronzene Patenschaften im Wert zwischen 25 bis 200 Euro, eine Silberne Patenschaften für 750 Euro, zwei Goldene Patenschaften für je 2.000 Euro. Besonders sind zwei Wahlpatenschaften von je 5.000 Euro. Insgesamt konnten so mehr als 17.000 Euro für die Produktion neuer Braille- und Hörbücher verwendet werden.
Mittelakquise
Wichtige Instrumente um Spendengelder zu erlangen, waren der breite Versand der Info-CD „Radio dzb lesen“, die „Weihnachts-CD“ und Einnahmen durch Verkaufsartikel des Fördervereins.
Vielen Dank an die Spenderinnen und Spender
Im letzten Jahr konnte der Förderverein viele Kosten und Projekte im dzb lesen mitfinanzieren, die den Betrieb des Zentrums ermöglichen.
Kauf von 144.000 CD-Rohlingen für die Herstellung von Hörbüchern
Kauf von 168.000 Blatt Endlospapier zur Herstellung von Braillebüchern und -Zeitschriften
Erneuerung der Schallschutzausstattung im Hörbuch-Studio
Anschaffung von zwei Druckmaschinen für Schwarz- bzw. Großdruckmedien
Förderung des Forschungsprojektes Inclusive OCW für Menschen mit Seheinschränkung
Förderung des Beratungsmobils „Blickpunkt Auge“
Teilfinanzierung von Kosten für einen neuen Internetauftritt des dzb lesen mit Onlineshop
Was wir 2021 schaffen wollen
Spendenschwerpunkte
Wir konzentrieren uns auf drei Bereiche, die wir besonders fördern wollen. Und alle Freunde unseres Engagements können dies unterstützen!
dzb lesen-Bibliothek
Für einen modernen Service in der Braille-, Musik- und Hör-Bibliothek im dzb lesen sind stetig Investitionen notwendig: Neue Medien und Formate müssen hergestellt, Technik muss angeschafft und etwa die Hörbuch-App verbessert werden. Dies wollen wir gezielt unterstützen – auch mit Know-how!
Kinderbücher
Das Angebot an barrierefreier Kinderliteratur liegt uns besonders am Herzen: Wir wollen die Produktion neuer taktiler Titel finanzieren, die Leseförderung für blinde, seh- und lesebehinderte Kinder stärken und möglichst die Preise im Verkauf subventionieren – damit mehr Familien barrierefreie Kinderbücher nutzen können.
Buch- und Notenpatenschaften
Viele wunderbare Bücher und Noten sind noch nicht barrierefrei verfügbar! Durch Patenschaften kann dies geändert werden. Wir machen uns stark für speziell ausgewählte Titel, die im dzb lesen produziert werden und suchen aktiv Unterstützer. Wahlpaten, die mit einer Finanzierung selbstbestimmt Literatur zugänglich machen wollen, sind sehr willkommen! Infos: www.buch-patenschaft.de
Bemerkenswerte Buchpatenschaften
Wir bedanken uns im Namen der Leserschaft des dzb lesen ganz herzlich bei allen Buchpatinnen und Buchpaten! Folgende dadurch neu entstandenen Titel und die Namen ihrer Förderer sind besonders bemerkenswert – andere wollen anonym bleiben:
“Das Guantanamo-Tagebuch” von Mohamedou Ould Slahi: Kerstin Gaedicke übernahm die Wahlpatenschaft
“Der Abgrund“ von Oskar Maria Graf: Dr. Peter Hawe übernahm die Wahlpatenschaft
“Klimahelden“ von Hanna Schott: Die Firma F. H. Papenmeier übernahm eine goldene Patenschaft
“Qualityland“ von Marc-Uwe-Kling: Die Firma VANDA Pharmaceuticals übernahm eine goldenen Buchpatenschaft
Das Gesamtwerk in Braillenotenschrift besteht aus 12 Bänden und kann kostenfrei in der Bibliothek ausgeliehen werden und wird auch verkauft. Das aufwändige Projekt wurde – namentlich passend – vom Lions Club Leipzig-Felix Mendelssohn Bartholdy mit 5.000 EUR gefördert. Der Scheck wurde nach einem gemeinsam veranstalteten Benefizkonzert im Oktober 2018 an den Förderverein übergeben. Für den ausverkauften Liederabend in der „Alten Handelsbörse“ Leipzig konnte die international renommierte blinde Sängerin und dzb lesen-Kundin Gerlinde Sämann gewonnen werden.
„Uns war es eine aufrichtige Freude, genau diese Notenübertragung zu unterstützen und so blinden Menschen den Zugang zum Werk des großartigen Leipziger Komponisten zu ermöglichen“, so Dr. Marianne Risch-Stolz vom Lions Club. Für die Lions ergab sich mit dem Projekt die Gelegenheit, dem originären Ziel der Lions eine öffentliche Plattform zu geben: Hilfestellungen für Blinde und Sehbehinderte.
„Wir danken allen Engagierten für die tolle Zusammenarbeit! Wir suchen stets nach Projekten und Partnern, um blinden, seh- und lesebehinderte Menschen mehr Zugang zu Literatur, Musik und allgemein zu Informationen zu ermöglichen. Denn der Zugang zu Informationen ist ein Grundrecht für alle!“, unterstreicht Prof. Dr. Thomas Kahlisch, Direktor des dzb lesen.
Neben dem Angebot an Literatur für blinde, seh- und lesebehinderte Menschen, gehört auch das deutschlandweit einzigartige Übertragen von Notenwerken in Brailleschrift und Großdruck zu den Aufgaben des dzb lesen. Dabei wird das Zentrum von seinem Förderverein „Freunde des barrierefreien Lesens“ unterstützt.
Foto: Lions Club und dzb lesen präsentieren Mendelssohn Chorwerk in Braille_vlnr: Christine Tamm, Gregor Nowak, Dierk-Andreas Jaskowski, Prof. Dr. Thomas Kahlisch, Friedbert Striewe, Dr. Marianne Risch-Stolz (Leipzig Oktober 2020)
Eigentlich geht es in dem Buch von Marc-Uwe Kling um die Zukunft – und nur aus Versehen um Technik, so der Autor. Aber wenn man den aktuellen Diskussionen um die neuen Medien und die Auswirkungen von Fake News und Hass-Parolen, die durchs Netz schwemmen, folgt, erscheint dieses Buch nur allzu realistisch!
Worum es geht?
In der Zukunft haben die Algorithmen und ihre Schöpfer so ziemlich die Alleinherrschaft in Zentraleuropa übernommen, das nun Qualityland heißt, weil es einfach positiver ist und nicht die historische Last eines anderen Nationalstaats trägt. Nun steht bald eine Wahl ins Haus, bei der erstmals ein Androide mit auf den Wahlzetteln auftaucht, der mit seiner emotionslosen Betrachtung Qualitylands einige Verbesserungsmöglichkeiten sieht – wie auch Peter Arbeitsloser, der in diesem System ganz unten lebende AI-Verschrotter, der mit seiner errechneten Stellung in der Gesellschaft in keinster Weise zufrieden ist. Als er von the Shop, dem mittlerweile einzigen Online-Händler, einen rosafarbenen Delphinvibrator bekommt ist für ihn das Maß voll und er beginnt sich aufzulehnen – unterstützt von einer rebellischen jungen Frau und einem älteren Herrn und einigen defekten AIs, die er vor der Schrottpresse gerettet hat – eine davon erinnert fatal an eine andere wichtige Figur in Klings Komödienrepertoire.
Woher kommt es?
Anspielungsreich, voller Popkulturzitaten und mit einigen einprägsamen Running Gags demonstriert uns Marc-Uwe Kling hier eine mögliche Zukunft, die überaus erschreckend ist – auch wenn er dies in einer Art und Weise tut, die einen vor Lachen laut brüllen lässt. Das Buch „Qualityland“ von Mark-Uwe Kling, erschienen Anfang September im dzb lesen dank einer „Goldenen Buchpatenschaft“ von VANDA Pharmaceuticals. Fans und Neugierige können das dreibändige Braille-Kurzschrift-Buch im Online-Katalog des dzb lesen auszuleihen und natürlich auch käuflich erwerben. Bestellungen werden unter der Telefonnummer 0341 7113 119 entgegengenommen.
Wir bleiben Freunde, liebe Freunde! Seit 19. November 2019 heißt die ehemalige Deutsche Zentralbücherei für Blinde nun Deutsches Zentrum für barrierefreies Lesen (dzb lesen). Keine Frage, dass wir das Kernansinnen der geförderten Institution – barrierefreies Lesen – in den Vereinsnamen integrieren. Heute ist es soweit und wir verkünden den neuen Namen: Wir heißen passend „Freunde des barrierefreien Lesens e. V.“ (vorher: „Freunde der DZB e.V.“).
Die letzte Zeit war durch die Corona-Krise geprägt, die zu vielen Einschränkungen führte. Wir sind dabei stolz, dass das dzb lesen den Bibliotheksservice und die Buchproduktion im Haus mit Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen im Homeoffice aufrechterhalten konnte. Das zeigt Engagement und viele Leserinnen und Leser sind sehr dankbar. Wir auch!
Wenn Sie die Arbeit des dzb lesen fördern wollen, dann spenden Sie einfach mit unserem Onlineformular. Mit einer Spende von nur 10 Euro können wir schon mehr als 100 Seiten Brailleschrift bzw. Großdruck produzieren. Eine wunderbare Sache ist auch eine Buchpatenschaft. Damit helfen Sie, mehr Literatur für blinde, seh- und lesebehinderte Menschen zugänglich zu machen und können außerdem mitbestimmen, welche Bücher barrierefrei für alle zur Verfügung stehen sollen. Wählen Sie einen ihrer favorisierten Titel aus!
Geben Sie uns auch gern Bescheid, wenn Sie weitere Einblicke in unsere Arbeit wünschen oder wenn Sie individuell über Fördermöglichkeiten beraten werden möchten. Wir sind für Sie für alle Fragen und Anregungen unter der E-Mail Adresse info@barrierefreies-lesen.de erreichbar.
Leipzig und Addis Abeba pflegen schon seit den 1970er Jahren eine intensive Städtepartnerschaft und können auf zahlreiche kulturelle, wirtschaftliche und soziale Kooperationsprojekte zurückblicken. Auf ein Projektangebot des Bundesministeriums für Entwicklung und wirtschaftliche Zusammenarbeit, welches nachhaltige Kommunalentwicklung durch Partnerschaftsprojekte fördert, bewarb sich die Stadt Leipzig im Jahr 2016. Das Projekt ging der Frage nach, wie Menschen mit Behinderungen uneingeschränkt am Leben in der Kommune teilhaben können und welche Maßnahmen in den Bereichen Bildung und Kultur helfen können. Delegationen aus Äthiopien kamen nach Leipzig und Leipziger Delegationen reisten nach Äthiopien. Aus diesem intensiven und ergebnisorientierten Austausch ergaben sich vier Pilotprojekte. Wir, als Förderverein für barrierefreies Lesen e. V., durften dabei in einem Pilotprojekt federführend dabei sein.
Die Situation blinder Kinder in Äthiopien
Als Ludwig Henne am 17.02.2020 nach Addis Abeba aufbricht, hat er sechzig taktile Kinderbücher mit dem Titel „Meine Stadt Addis Abeba und Leipzig“ im Gepäck. Zwei riesige und äußerst schwere Koffer und trotzdem nicht genug. In Äthiopien ist die Situation von Menschen, die von Blindheit und Sehbehinderung betroffen sind prekär. Es mangelt an Hygiene, Aufklärung und vor allem an ausreichender medizinischer Versorgung. Fast die Hälfe aller Kinder in Äthiopien sind mit einer Augenkrankheit namens „Trachom“ infiziert, so ein Bericht des Spiegels aus dem Jahr 2018. Ursache dieser sich schnell ausbreitenden Tropenkrankheit sind winzig kleine Bakterien, Chlamydien, die in Europa einer Geschlechtskrankheit zugeordnet werden und hierzulande keine Gefahr mehr darstellen. Diese Bakterien befallen aufgrund mangelhafter hygienischer Bedingungen die Augen. Besonders Kinder sind von dieser hoch infektiösen Erkrankung schwer betroffen. Der Spiegelbericht spricht von der Hälfte aller Kinder in Äthiopien.
Taktile Kinderbücher, ein Tropfen in der Wüste
Man könnte meinen, dass aufgrund dieser prekären Situation die 60 Kinderbücher verdampfen, wie ein Tropfen Wasser in der Wüste. Doch Dialog und Zusammenarbeit können Impulsgeber für zukunftsweisende Projekte sein! So traf Ludwig zum Beispiel verschiedene Menschen, die im Blindenwesen tätig sind und Bildungsarbeit in inklusiven Schulen leisten. Die symbolische Übergabe der Bücher konnte genutzt werden, um einen Austausch im Sinne partnerschaftlicher Inklusionsarbeit voranzubringen und Erfahrungen und weiterführende Vernetzungsarbeit zu leisten.
Am Donnerstag, den 20. Februar besuchte die Delegation um Ludwig Henne die Sabata School for the Blind, 20 km entfernt von Addis Abeba. Die Schule ist eine inklusive Schule, in der sehende, blinde und sehbehinderte Schüler unterrichtet werden. Die meisten Schulen in Äthiopien haben ganz selbstverständlich einen inklusiven Ansatz, aufgrund der hohen Zahl Kinder mit Behinderungen in der Bevölkerung. Auf dem Rundgang durch die Schule besichtigten die Vertreter u. a. die Braille-Bücherei.
Ein anderes Treffen führt die Delegation aus Leipzig mit dem Direktor der ENAB, Ethiopian National Association of the Blind, Wesen Alemu zusammen. Wesen führt die Leipziger über einen lebendigen Campus mit hunderten blinden Menschen, die miteinander musizierten, Spiele spielen, gemeinsam lernen und in der Braille-Druckerei arbeiten. Fasziniert von der lebendigen und quirligen Athmosphäre, einem Miteinander im Kontext von Lehre, Arbeit und gegenseitiger Hilfe, folgte Ludwig stauned Wesen Alemu über den Campus.
Die Zukunft als Chance
Der Lern- und Austauschprozess beider Städte, Leipzig und Addis Abeba zum Thema Inklusion ist entfacht. Und wichtig zu bemerken ist auch, dass wir in „dieser einen Welt“ viel voneinander lernen können. Die Erfahrungen, die Lehrende in Äthiopien im inklusiven Unterricht mitbringen sind maßgeblich positiv und bereichern unsere Denke. Wir können davon profitieren und lernen. Es bleibt der Wunsch nach mehr. Der Wunsch nach Empowerment und vorurteilsfreier Bildung weltweit. Pionierdrang, Tatendrang und Mut bestimmten diese Reise im Namen der Inklusion. Wir fordern: Lesen für alle, mit Büchern für alle!